Berührende Texte und Musik in einem „besonderen Gottesdienst“ in der Borromäuskirche Winnenden.
Eine Bestatterin, eine Geigerin und eine Akkordeonistin gestalteten einen Konzertabend zum gesellschaftlichen Tabuthema „Tod“ in der Winnender St. Karl Borromäuskirche. „Der Tod gehört zu unserem Leben und er ist unausweichlich“, konstatiert Pastoralreferentin Maria Lerke in ihrer Hinführung zur Konzertlesung mit dem Titel „Todglücklich“. Sie umrahmt den Abend liturgisch und macht ihn so gleichzeitig zu einem ganz besonderen Gottesdienst.
Trauer hat viele Gesichter:
Von Verzweiflung bis Humor Ute Züfle lädt mit ihren Texten, die sie aus ihren beruflichen Erfahrungen als Bestatterin und aus ihrer früheren Tätigkeit als Krankenschwester zusammengetragen hat, den Zuhörer ein sich näher mit dem Tod in all seinen Facetten zu beschäftigen: Mal traurig, melancholisch, zwischendurch humorvoll und sarkastisch, aber auch tröstend, Mut-machend und hoffnungsvoll. Akkordeonistin Janina Rüger-Aamot und die Geigerin Judith Calvelli-Adorno geben mit ihren mal kraftvolleren, mal ruhigeren Klängen dem Publikum die Möglichkeit das Gesagte über das Wort hinaus zu vertiefen und nachwirken zu lassen. Das Konzertprogramm der drei Frauen will, „dass das Thema Tod enttabuisiert und Hoffnung sowie Lebensmut“ gefördert wird, wie sie auf ihrem Internetauftritt schreiben – eben auch „todglücklich“ machen soll.
Trauer habe viele Gesichter. Dabei müsse sich „niemand stark machen“, so die Bestatterin. Manch ein Hinterbliebener habe das Bedürfnis zu reden, andere neigen zur Verdrängung, wollen sich der Tatsache, dass ein Angehöriger gestorben ist, „wie ein Kind“, das mit seinen Füßen stampfe, widersetzen. Wieder andere würden sich auch mit Sarkasmus behelfen: „Sie hat sich vom Acker gemacht“ oder „Damit hat er nicht gerechnet.“ Diese Worte hätte sie schon auf Kranzschleifen auf Trauerbestecken gelesen, letzterer auf einer Beerdigung eines Mathelehrers. Der Tod eines Angehörigen sei immer eine Ausnahmesituation: „Ich bin alleine“ oder „einfach alles scheiße“ seien Aussagen, die sie von trauernden Angehörigen gesagt bekommen hat.
Der Umgang von Kindern mit Trauer
Züfle thematisiert auch den Umgang von Kindern mit Trauer. Diese stellten öfters Fragen, wie „Kann ich mal in die Urne hineinschauen?“ oder „Ist der Opa schon im Himmel angekommen?“ Die Bestatterin teilt mit den Zuhörern eine außergewöhnliche Begebenheit, die sie mit einem jungen Mädchen erlebte, dessen Vater starb. Ein halbes Jahr nach dem Tod des Vaters wollte das Kind unbedingt im Leichenwagen mitfahren, der den Sarg ihres Vaters zum Friedhof transportiert hatte. Ute Züfle war es ein Herzensbedürfnis, dem Wunsch des Mädchens nachzukommen. Die Bestatterin entschied sich mit dem Kind zu jenem Krankenhaus zu fahren, wo der Vater verstarb. Dort angekommen sahen sie einen Regenbogen, der im Krankenhausgebäude zu enden schien. Und das obwohl es nicht geregnet hatte. Später erzählte ihr die Mutter des Kindes, dass ihre Tochter von dem Tag an wieder in ihrem eigenen Bett schlafen konnte. Nicht alles im Leben sei eben rational erklärbar.
Züfle möchte nicht nur ihren beruflichen Erfahrungsschatz teilen, sondern spricht den Zuhörer auch direkt an, gibt ihm Denkimpulse: „Hast Du überlegt was Du tun und machen willst bevor Du stirbst?“ „Wie willst Du bestattet werden?“ „Willst Du was mitbringen auf Deine letzte Reise? (…) Fotos? (…) Eine Kuscheldecke zum zudecken?“ „Könntest Du Dir vorstellen, einen Sarg anzumalen?“ Sie mahnt: „Triff Dich bevor es Dich trifft.“
Passend zum Wort begleiten und vertiefen Judith Calvelli-Adorno (Geige) und Janina Rüger-Aamot (Akkordeon) mit Werken unter anderem von Kreisler, Piazzolla, Arvo Pärt und Johann Sebastian Bach den Abend: Mal melancholisch, sehnsuchtsvoll, zwischendurch auch mal dissonant, dann leidenschaftlich und hoffnungsvoll. Besonders unter die Haut ging das Musikstück „Air“ aus Bachs Orchestersuite Nr. 3 in D-Dur, BWV 1068.
Züfle: Einmal werden wir sterben, bis dahin leben wir.
Was bleibe, wenn wir gehen, sei die Liebe, sagt Züfle. In ihren Abschlussworten macht die Bestatterin dem Publikum bewusst: „Eines Tages werden wird sterben, aber an allen anderen werden wir leben.“ Mit einem Segensgebet schließt Maria Lerke den Veranstaltungsabend.
Zuhörer zeigten sich nach der Veranstaltung emotional berührt. Das Gesprächskonzert sei ein „besonderer Gottesdienst“ gewesen. Weitere Infos zum Konzertprogramm unter todgluecklich.com.
Kevin O'Brien
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