Ein Leben - tief verwurzelt im christlichen Glauben

Tief betroffen nimmt die katholische Kirchengemeinde Abschied von Frau Kwapil, die in ihrer unverwechselbaren Weise eine Säule des christlichen Glaubens gelebt hat: Menschen in ihren Nöten und Sorgen anzuhören, spontan zu helfen und zu unterstützen, unruhig zu bleiben, bis Lösungen gefunden wurden.

Frau Kwapil wurde 1918 in Beuthen (Oberschlesien) geboren. In der oberschlesischen Staatsschule wurde sie zur Fürsorgerin (heute Sozialarbeiterin) ausgebildet und arbeitete als Sozialarbeiterin in einem großen Betrieb mit 10000 Beschäftigten. Als Heimatvertriebene kam sie 1945 über Pilsen nach Mühlacker und bewarb sich beim Caritasverband der Diözese Rottenburg als Sozialarbeiterin. Sie erhielt 1946 den Auftrag, in Waiblingen für den Kreis Waiblingen eine Caritasstelle einzurichten, um die Flüchtlinge und Vertriebenen zu betreuen.

„lch bin dann nach Waiblingen mit einem Köfferchen und habe mich zur Kirche durchgefragt. Pfarrer Aubele war froh, dass sich jemand um die FIüchtlinge kümmert. Ein Zimmer hat er mir besorgt und erst mal ein Vesper. Die Schwestern im Kindergarten hatten ein Büro, das konnte ich dann benutzen. An manchen Tagen kamen 5o-6o Menschen in Not. Das war ganz schlimm.“ (Interview in Quintessenz 18,2013,S.3).

Ganz wichtig war, dass die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge eine Person hatten, mit der sie sprechen konnten. Die Wohn- und Ernährungssituation war schlimm. Hilfspakete kamen aus Amerika und sollten gerecht verteilt werden. Eine schier unlösbare Aufgabe. Anfangs zu Fuß, später mit dem Fahrrad fuhr sie zu Sprechstunden in Winnenden, Welzheim, Plüderhausen. Einen Acht-Stunden Tag kannte sie nicht. Sie setzte sich mit den Behörden und Ämtern in Verbindung, die dankbar dafür waren, dass sie einen Ansprechpartner hatten. Sie wurde gebeten, in der überörtlichen Wohnungskommission mitzuarbeiten – ein schwieriges Unterfangen, in der sie die Menschen in ihrer sozialen Einstellung kennenlernte.

Auch während der Familienphase (ihre drei Kinder sollten eine „heile“ Welt erfahren) tat sie viel für notleidende Menschen. Immer wieder kamen - vor allem Frauen - mit ihrem großen Kummer zu ihr nach Hause. Auch jetzt setzte sie alle Hebel in Bewegung, um zu helfen.

Die caritative Arbeit prägte weiterhin ihr ganzes Leben. Sie warb in den Pfarrgemeinderäten intensiv für die Einrichtung von Caritaskreisen. 1963 gründete sie in Winnenden zusammen mit sieben weiteren Frauen den ehrenamtlichen Caritaskreis, den sie 25 Jahre leitete. Geburtstagsbesuche, Krankenhausbesuche, Altennachmittage, Ausflüge waren die Schwerpunkte des Caritasprogramms.

In ihrer Zeit als Leiterin des Caritaskreises wurden insgesamt 15000 Hausbesuche gemacht, 7.000 Patienten besucht und 215 Altennachmittage veranstaltet. 1998 lag die Betreuung von Neuzugezogenen und Spätaussiedlern noch immer in ihren Händen.

Ihr Wissen und ihre Erfahrungen gab sie gerne weiter. Beeindruckend war ihr Gedächtnis, ihr Organisationstalent und die Vielzahl ihrer Kontakte, die ihr halfen, Menschen in Not zu unterstützen. Aufmerksam und reflektiert verfolgte sie auch das kirchliche Geschehen. Für viele innerhalb der Kirchengemeinde war sie eine wichtige Ansprechpartnerin und kluge Ratgeberin.

Frau Kwapil hat sich die Bergpredigt zu Herzen genommen: Sie suchte Notleidende auf, um ihnen das zu geben, was sie so dringend brauchen. Sie hat sich mütterlich um die Benachteiligten gekümmert und ihre Not gewendet und sie vertraute ihr Leben lang der Verheißung, dass der Tod das Tor öffnet zu einem neuen, von Gott geschaffenen Leben.

Als Gemeinde sind wir sehr dankbar für Ihren großen Einsatz und ihr vielfältiges Wirken, unser großes Mitgefühl gilt allen Familienangehörigen, im christlichen Glauben bleiben wir verbunden.

Die katholische Kirchengemeinde wird von Frau Kwapil in einem Requiem Abschied nehmen. Der Sonntagsgottesdienst am Sonntag, 24.September, 10.30 Uhr in der St. Karl Borromäus Kirche wird als Requiem gestaltet. Alle sind herzlich eingeladen.

Rupert Kern (2. Vorsitzender des KGR Winnenden)